Demokratie in der Schule: Warum Schülervertretungen wichtiger sind denn je
Demokratie will gelernt sein – und wo könnte man besser lernen als in der Schule? Unsere Journalismus AG hat sich in den letzten drei Monaten intensiv mit der Rolle von Schülervertretungen (SV) auseinandergesetzt und dabei erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.
Die Bedeutung von Schülervertretungen
Schülervertretungen sind mehr als nur ein formales Gremium. Sie sind ein wichtiger Baustein für die demokratische Bildung und bereiten junge Menschen auf ihre Rolle als aktive Bürgerinnen und Bürger vor. Durch die Mitarbeit in der SV lernen Schülerinnen und Schüler:
- Demokratische Entscheidungsprozesse kennen
- Für die eigenen Interessen und die anderer einzutreten
- Kompromisse zu finden und zu verhandeln
- Verantwortung zu übernehmen
- Projekte zu planen und umzusetzen
Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts engagieren sich Schülerinnen und Schüler, die in der SV aktiv waren, auch später häufiger politisch und gesellschaftlich.
Unterschiede zwischen Schulen
Für unsere Recherche haben wir 15 Schulen in Hamburg besucht und mit Schülervertretungen, Verbindungslehrern und Schulleitungen gesprochen. Dabei haben wir große Unterschiede festgestellt:
Best-Practice-Beispiele
An der Stadtteilschule Winterhude haben wir ein Paradebeispiel für eine funktionierende SV gefunden. Hier verfügt die Schülervertretung über:
- Ein eigenes Budget von 3.000 Euro jährlich
- Ein festes SV-Büro mit Ausstattung
- Wöchentliche Treffen während der Unterrichtszeit
- Regelmäßige Gespräche mit der Schulleitung
- Stimmrecht bei wichtigen schulischen Entscheidungen
Die Schulleiterin Frau Dr. Müller betont: "Wir sehen die SV als wichtigen Partner auf Augenhöhe. Die Schülerinnen und Schüler bringen oft Perspektiven ein, die wir Erwachsenen übersehen."
Herausforderungen
Leider sieht die Situation an vielen anderen Schulen weniger positiv aus. Häufige Probleme sind:
- Mangelnde finanzielle und räumliche Ressourcen
- Treffen nur in den Pausen oder nach dem Unterricht
- Kaum Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen
- Wenig Unterstützung durch Lehrkräfte und Schulleitung
An einigen Schulen wird die SV gar nicht ernst genommen und darf sich nur um die Organisation von Schulpartys kümmern. "Das ist frustrierend", sagt Leon, Schülersprecher an einem Gymnasium in Altona. "Wir wollen echte Verantwortung übernehmen und nicht nur Deko für den Weihnachtsball aussuchen."
Was kann verbessert werden?
Basierend auf unseren Erkenntnissen haben wir einen Katalog mit Empfehlungen erstellt:
- Für Schulen:
- Festes Budget für die SV einplanen
- Räumlichkeiten zur Verfügung stellen
- SV-Sitzungen während der Unterrichtszeit ermöglichen
- Regelmäßigen Austausch mit der Schulleitung etablieren
- Für die Politik:
- Mehr Ressourcen für demokratische Bildung bereitstellen
- Verbindliche Standards für Schülerpartizipation einführen
- Fortbildungen für Lehrkräfte zur Unterstützung der SV anbieten
- Für Schülerinnen und Schüler:
- Sich aktiv in der SV engagieren
- Vernetzung mit SVen anderer Schulen suchen
- Die eigenen Rechte kennen und einfordern
Fazit
Schülervertretungen sind ein unverzichtbares Element schulischer Demokratiebildung. In Zeiten zunehmender demokratiefeindlicher Tendenzen in der Gesellschaft ist es wichtiger denn je, dass junge Menschen früh lernen, sich einzumischen und Verantwortung zu übernehmen.
Unsere Recherche hat gezeigt, dass es viele gute Ansätze gibt, aber auch noch viel Verbesserungspotential. Wir hoffen, mit diesem Artikel eine Diskussion anzustoßen und andere Schulen zu inspirieren.
Dieser Artikel wurde von der Journalismus AG der Gesamtschule Hamburg erarbeitet. Besonderer Dank gilt unserem Betreuungslehrer Herrn Fischer und allen Schulen, die uns für Interviews zur Verfügung standen.
Kommentare (2)
Ein wirklich inspirierender Artikel! Wir haben an unserer Schule ähnliche Projekte gestartet und können viele der Erfahrungen bestätigen. Besonders die Zusammenarbeit mit der Schulleitung ist entscheidend für den Erfolg.
Als Vertreterin des Bildungsministeriums finde ich es beeindruckend, wie Schülerinnen und Schüler durch solche Projekte Verantwortung übernehmen. Wir sollten mehr solcher Initiativen fördern und unterstützen.